Blog

Web Accessibility: Warum sie unverzichtbar ist

14.03.2025

Die digitale Welt sollte für alle Menschen zugänglich sein. In Österreich leben 20,5% der Bevölkerung mit einer dauerhaften Beeinträchtigung, was bedeutet, dass barrierefreie Websites und Apps nicht nur eine ethische Verpflichtung darstellen, sondern auch einen erheblichen Wettbewerbsvorteil bieten. Durch Web Accessibility können Unternehmen eine erweiterte Nutzerbasis erschließen, da digitale Inhalte für alle Menschen verwendbar sind. Gleichzeitig profitieren barrierefreie Webauftritte von einer verbesserten Suchmaschinen-platzierung (SEO), wodurch Sichtbarkeit und Reichweite gesteigert werden. Zudem stärkt ein inklusives digitales Angebot das Vertrauen in eine Marke und verleiht Unternehmen ein hohes Maß an Reputation. Auch gesetzliche Vorgaben machen Web Accessibility unumgänglich: Ab dem 28. Juni 2025 tritt im Rahmen des European accessibility act das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) in Kraft, welches unter anderem Apps und audiovisuelle Mediendienste einschließt.

Web Accessibility Standards

Um digitale Barrierefreiheit sicherzustellen, gibt es internationale Standards, die Orientierung bieten. Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) liegen aktuell in Version 2.2 vor und definieren drei Konformitätsstufen: A, AA und AAA. Während Stufe A die grundlegendsten Anforderungen beschreibt, stellt AA den am häufigsten angestrebten Standard dar. In der EU gilt die Norm EN 301 549, die derzeit WCAG 2.1 AA als Maßstab verwendet und ab September 2025 auf WCAG 2.2 AA aktualisiert wird.

Best Practices für Web Accessibility

Ein zentraler Aspekt der digitalen Barrierefreiheit ist die richtige Farb- und Schriftgestaltung. Gemäß WCAG 2.2 AA sollte der Kontrast zwischen Text und Hintergrund bei normaler Schrift mindestens 4,5:1 betragen, während für größere Texte ein Verhältnis von 3:1 ausreicht. Farben müssen sorgfältig gewählt werden, da beispielsweise 9% der männlichen Bevölkerung eine Rot-Grün-Sehschwäche haben. Um eine optimale Lesbarkeit sicherzustellen, sollten Schrift-größen in relativen Einheiten wie rem oder em definiert werden, anstatt feste Pixelwerte zu verwenden, da dies individuelle Browser-Einstellungen ignorieren würde.

Auch alternative Texte für visuelle Inhalte sind essenziell. Jedes Bild sollte mit einem Alt-Attribut versehen sein, das seinen Inhalt und seine Funktion beschreibt. Dekorative Elemente sollten hingegen mit alt="" gekennzeichnet werden, damit sie von Screenreadern ignoriert werden.

Die sprachliche Gestaltung barrierefreier Inhalte orientiert sich an einfachen Satzstrukturen. Während die „Einfache Sprache“ für eine breite Öffentlichkeit gedacht ist und an Boulevardmedien erinnert, folgt die „Leichte Sprache“ strengeren Normen und darf nur von speziell geschulten Personen erstellt werden (Netzwerk Leichte Sprache e.V.). Generell sollten Texte kurze Sätze mit einer klaren Subjekt-Prädikat-Objekt-Struktur enthalten und komplizierte Formulierungen sowie doppelte Verneinungen vermeiden. Zudem verbessern Listen, Überschriften und Bilder die Lesbarkeit.

Bei der Einbindung von Multimedia-Inhalten sind einige Regeln zu beachten: Autoplay sollte grundsätzlich vermieden werden, und alle Steuerungselemente müssen per Tastatur bedienbar sein; Buttons sollten eine ausreichende Größe haben und kontrastreich gestaltet sein. Zudem sollten Videos Untertitel und idealerweise eine Audiotranskription enthalten, um auch Menschen mit Hörbeeinträchtigungen den Zugang zu ermöglichen. Da Karten und Visualisierungen oft nicht barrierefrei sind, empfiehlt es sich, alternative textliche Beschreibungen oder Listen bereitzustellen.

Keyboard-Navigation und Screenreader-Unterstützung

Eine barrierefreie Website muss vollständig per Tastatur navigierbar sein. Dazu gehört eine sichtbare Fokus-Markierung, damit Nutzer jederzeit erkennen können, wo sie sich befinden. Overlays und Menüs sollten sich problemlos mit der Tastatur schließen lassen, und sogenannte „Skip Links“ ermöglichen es, direkt zum Hauptinhalt zu springen. Viele Websites, darunter wien.gv.at, bieten diese Funktion bereits an.

Auch Screenreader-Nutzer können eine barrierefreie Navigation erleben. Für Windows gibt es die bereits vorinstallierte Anwendung „Narrator“. Alternativ stehen NVDA (kostenlos und Open Source) oder JAWS (kostenpflichtig) zur Verfügung. MacOS und iOS bieten mit VoiceOver eine integrierte Screenreader-Funktion. Auf Android-Geräten ist TalkBack die gängige Lösung.

Accessibility in der Praxis: Mobile Guides und Progressive Web Apps

Ein herausragendes Beispiel für die konsequente Umsetzung von Accessibility ist BeauCoup, ein internationales Kooperationsprojekt, das unterschiedliche Tools für ältere Menschen und Menschen mit Beeinträchtigungen entwickelt und so Kultur außerhalb von Museen erfahrbar macht. Die drei Service-Delivery-Models (SDMs) – The Bag, The Box und The Screen – kombinieren analoge, digitale und multisensorische Werkzeuge, um barrierefreie kulturelle Erfahrungen zu schaffen.

Während in The Bag und The Box ein Mix aus analogen und digitalen Artefakten in partizipativen Gruppensettings erkundet werden kann, wird mit The Screen eine digitale Lösung mit interaktiven Führungen durch Museen und Ausstellungen bereitgestellt. Die Entwicklung der Progressive Web App (PWA) stellt eine Kombination verschiedener Features zur technischen Barrierefreiheit wie Gebärdensprache (von SignTime), Echtzeit-Kontrastfilter (von AIT) oder eine Live-Talk-Back-Funktionalität während der virtuell geführten Touren dar.

Auch in Eye to Ear – Gallery of Audible Images haben wir Barrierefreiheit von Anfang an mitgedacht. Das mobile Erlebnis vermittelt visuelle Kunstwerke als Audio-Beschreibungen, um insbesondere blinden und sehbehinderten Menschen Zugang zur Ausstellung zu ermöglichen. Über eine native App können die Nutzerinnen per Screenreader geführt und über Tastatur oder Touch barrierefrei navigieren.

Ein weiteres Beispiel ist das Parlamentarium, das Besucherzentrum des Europäischen Parlaments. Hier wurde ein umfassender Mobile Guide entwickelt, der mehrsprachige Audiodeskriptionen, kontraststarke Interfaces und einfach strukturierte Inhalte für ein internationales und diverses Publikum bietet. Die Navigation berücksichtigt dabei auch Screenreader und alternative Bedienkonzepte.

Fazit: Web Accessibility ist kein Extra, sondern ein Muss!

Digitale Barrierefreiheit verbessert nicht nur die Nutzererfahrung, sondern ist auch rechtlich notwendig. Unternehmen, die sich jetzt darauf einstellen, profitieren langfristig durch ein inklusives digitales Angebot. Die Umsetzung von Web Accessibility sorgt nicht nur für eine größere Reichweite und bessere Auffindbarkeit, sondern stärkt auch das Unternehmensimage und verhindert rechtliche Probleme. Eine inklusive digitale Zukunft ist kein Zusatzfeature – sie ist eine Selbstverständlichkeit.

Tools und Links

Browser Plugins

Webapps and Websites

next article